„Du wirst mir huldigen […] Und ich werde es dir nicht einmal befehlen müssen.“
Ich habe selten so lange dafür gebraucht, um meine Meinung zu einem Buch in Worte zu fassen. Die Leseprobe von A Touch of Darkness hatte mich gleich angesprochen. Hades und Persephone sind die beliebtesten Figuren der griechischen Mythologie, wenn es um Retellings geht und der mystische Stoff bietet immerhin einiges, woraus man eine spannende Geschichte weben kann. Und man hat in Scarlett St. Clairs Geschichte auch einiges davon erhalten. Intrigen, Spannung, Hinterhalte und eine starke weibliche Figur, die eine großartige Entwicklung hinlegt. Viele sehr gute Punkte, die ein Buch versprechen, das einen wirklich in den Bann zieht. Und ich hatte das Gefühl bei A Touch of Darkness auch. Ich habe viele der Passagen verschlungen und habe mich immer wieder gefreut, wenn ich gemerkt habe, dass Persephone sich entwickelt hat, endlich auch einmal über sich hinauswächst und auch die richtigen Entscheidungen für sich selbst trifft, ohne sich von ihrer Mutter oder irgendwelchen Erwartungen einschränken zu lassen.
Man lernt Persephone als eine kindische – ich glaube, dass ich das Wort am häufigsten in Bezug auf sie verwendet habe – junge Göttin kennen, die von ihrer Mutter kontrolliert wird und versucht sich – trotz mangelnder Kräfte und Begabung – in New Greece ein eigenes Leben aufzubauen. Die Tatsache, dass sie als Göttin des Frühlings Dinge nicht zum Blühen bringen kann, sondern sie verwelken lässt, macht ihr schwer zu schaffen und ich fand diese Selbstzweifel und diese Entwicklung von ihr sehr gut beschrieben. Persephone und ihr erstes Treffen mit Hades, ihre Entwicklung und ihre Konfrontation mit ihrer Mutter und auch ihre Auseinandersetzung mit ihren Rivalen (eine meiner Lieblingsszenen), zeigt die Wandlung von ihr als Figur. Ich mochte es, dass sie über sich hinausgewachsen ist und diese titelgebende Dunkelheit entgegengesetzt zu Hekates Rat für sich genutzt hat. Es geht nicht nur um Persephone und ihre Beziehung zu Hades – auch wenn sie natürlich einen großen Teil des Romans darstellt – es geht auch darum, dass Persephone über sich hinauswächst und Herrin ihrer Gefühle wird.
Ein Highlight für mich waren die vielen Figuren, die aus den griechischen Sagen aufgetaucht sind und dann aber in ihrer Rolle überrascht haben. Adonis, Orpheus, Hermes und auch Aphrodite sind Figuren im Roman, die überrascht haben, sowohl in ihrer Entwicklung als auch in ihrem Handeln.
Trotz all dieser großartigen Punkte musste ich leider ein bisschen was abziehen, was einige kleinere Grüne hatte. Es sind einige kleinere Plotholes vorhanden, bei denen ich mir im Nachhinein nicht sicher bin, wie sehr es damit zusammenhängt, dass es der Auftakt einer Reihe ist, aber vielleicht klärt sich dies im Laufe der Reihe. Neben der Plotholes hatte ich es am Anfang leider etwas schwer, Persephones Handlungen zu verstehen. Auch wenn ich verstehen kann, dass viele ihre Entwicklung am Ende nicht gut fanden, war es für mich in dem Fall nachvollziehbarer. Das Buch handelt von ihrer Akzeptanz und dem Umgang mit der Dunkelheit und gerade das mündet in ihren Handlungen, aber manches war zwischendurch nicht nachvollziehbar. Ebenso die vielen intimen Szenen zwischen ihr und Hades, die zu manchen Zeitpunkten unpassend waren. Persephone am Ende fand ich mutig und ihre Entwicklung ebenfalls, aber im Buch hat mir Hades mehr zugesagt, auch weil er immer wieder nur das beste für Persephone im Sinn hatte – trotz fragwürdiger Methoden – aber es ist immerhin Hades. Manche Figuren wären im Buch vielleicht nicht immer „notwendig“ gewesen, aber hier habe ich noch große Hoffnungen auf die Folgeteile, weshalb ich hier noch darauf warte, dies in meine Meinung miteinzubeziehen.
Mein größtes Problem, wofür das Buch aber wenig kann, sind hierbei vermutlich aber meine eigenen Erwartungen gewesen, die bei diesem Buch sehr hoch waren, weil ich die griechische Mythologie gut kenne und hohe Erwartungen an das Paar hatte. Ich mochte die Grundidee sehr – die griechische Mythologie mit einem „Touch“ Moderne, Figuren wie Aphrodite und Adonis, die neuinterpretiert werden und moderne Entwicklungen der Gesellschaft, die spielerisch integriert werden. Die Idee einer machtlosen Göttin, Hades als Spieler und die Götter neuinterpretiert in modernen Rollen – eine interessante Idee, die in großen Teilen umgesetzt wurde, wie etwa durch die Gala oder die Tatsache, dass Hades seinen eigenen Nachtclub namens Nevernight besitzt, in dem er seine Spielchen abzieht – aber ich glaube, dass man da noch mehr hätte herausholen können. Ich habe ein komplexes Fantasy-Retelling mit griechischen Sagenelementen erwartet, mit Figuren, die tiefgründig sind und trotz der Entwicklung fehlt mir die Tiefe bei so manchen Figuren. Vielleicht wäre es gut gewesen, wenn man da noch einmal in die Tiefe gegangen wäre.
Abgesehen von den kleineren und größeren Plotholes, die vermutlich der Tatsache geschuldet sind, dass es noch zwei weitere Teile gibt und es der Auftakt der Reihe ist, ging es mir leider manchmal etwas zu schnell und ich habe zu viel erwartet und mich nach Tiefe gesehnt, auch in der Beziehung zwischen Hades und Persephone. Ich weiß, dass dieses Buch viele Leser lieben und lieben werden (und ich kann es auch verstehen und nachvollziehen, viele Aspekte sind auch wirklich gut), aber es liegt dahingehend wohl viel an meinen Erwartungen und an der Tiefe, die vielleicht über die nächsten Teile aufgebaut wird.
Insgesamt bin ich gespannt auf die nächsten Teile der Reihe, gerade weil ich hoffe, dass einige der Fragen die übrig bleiben, geklärt werden und sich dadurch die Tiefe ergibt, die ich mir wünsche.